Facebook Home – der Feind in Deinem Netz

Facebook ist nicht böse. Smartphones sind nicht böse. In Kombination mit der geplanten Bestandsdatenabfrage werden mobile Dienste wie Facebook Home zum mächtigen Werkzeug einer allgegenwärtigen Homeland Security.

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Seit heute gibt es in den USA das Facebook-Telefon „Home“. Genau genommen handelt es sich nicht wirklich um ein Telefon, vielmehr um eine neue Art Betriebssystem-Oberfläche, die das Freunde-Netzwerk über ausgewählte Smartphones stülpt. Wer sich „Home“ auf sein Android-Telefon lädt, wird beim Aktivieren des Geräts künftig nicht mehr mit einem Familienfoto oder mit seinem App-Menü begrüßt, sondern mit den Status-Updates seiner „Freunde“: Urlaubsfotos, Katzenbilder oder auch zielgerichtete Werbung. Ja, Werbung.

Facebook ist gratis und lebt von Reklame. Das Produkt sind nicht die Bücher, DVDs oder Partner-Börsen, die uns über Klein-Anzeigen auf der Seite angeboten werden. Das Produkt sind wir. Mit unseren Daten, die Facebook niemals wirklich löscht, verdient Facebook sein Geld. Und je besser Facebook uns kennt, umso mehr Geld verdient das Unternehmen (und die Aktionäre) an uns.

„We carry our phones wherever we go“ – das offizielle Werbevideo von Facebook Home

Facebook als Vorratsdatenspeicher

Als ich noch neu bei Facebook war, habe ich einen Fehler gemacht: Unter Hobbys hatte ich „Tauchen“ angegeben. Obwohl ich diesen Eintrag nur kurze Zeit später wieder entfernte, serviert mir Facebook bis zum heutigen Tag Werbebanner für Taucherausrüstung und -Reisen. Für das Soziale Netzwerk gilt noch mehr als für das analoge Leben: Was einmal in den Vorratsdatenspeichern von Facebook hinterlegt worden ist, kann nie wieder verlässlich zurückgenommen werden.

Für New-York-Times-Blogger David Pogue und Om Malik, zwei Tech-Journalisten, die nicht zwingend im Verdacht stehen, Internet-feindlich zu sein, ist Facebook Home aber aus ganz anderen Gründen ein absolutes No-Go: Die Software ist ständig Standby, sprich, wie ein Staatstrojaner registriert „Home“ rund um die Uhr, wo wir uns aufhalten, wo wir schlafen und – auch das ist durch geschicktes Zusammenführen von Daten möglich – mit wem. Private Angaben wie Handynummer oder Wohnung; all das müssen wir gar nicht erst eintippen. Facebook weiß es schon, Gelocation-Daten und anderem „Beifang“ unserer elektronischen Begleiter sei dank.

In einer unheilvollen Allianz mit Dritten gewährt Facebook damit auch dem Staat Einblicke in unsere Privatsphäre, wie es kein totalitärer Staat, keine Diktatur der Welt jemals zuvor kannte.

 

250 Behörden haben Zugriff auf Deine Passwörter

Nicht nur die USA haben seit dem Patriot Act (2001) Zugriff auf die bei sozialen Netzwerken gespeicherten Daten. Soeben hat der Deutsche Bundestag mit den Stimmen von CDU, CSU, FDP und SPD das Gesetz zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft (PDF) verabschiedet. Zu Bestandsdaten zählen unter anderem auch PIN- & Passwörter für unsere E-Mail-Konten, Cloud-Dienste sowie sonstige elektronische Kommunikation.

Anlass für polizeiliche und geheimdienstliche Abfragen sind nicht etwa nur Terrorabwehr oder Schwerstkriminalität – es genügen schon einfache Ordnungswidrigkeiten. Eine richterliche Prüfung, die nur in bestimmten Fällen vorgesehen ist, findet aufgrund der schieren Masse der Anfragen de facto nicht statt. Universitätsstudien haben das schon vor Jahren festgestellt.

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Quelle: Bundesnetzagentur

Alle 1,2 Sekunden eine Abfrage

Im Schnitt gibt es alle 1,2 Sekunden eine neue Abfrage deutscher Sicherheitsbehörden. Bisherige Abfragen bei Telekommunikationsanbietern in diesem Jahr:. 

Polizei, Bundespolizei, LKA, BKA, Zoll-, Verfassungsschutz und BND – laut Bundesnetzagentur haben rund 250 registrierte Behörden (S. 112) z.T. automatisierten Zugriff auf unsere Daten. Durch die Bestandsdatenabfrage werden an sich harmlose Online-Dienste wie Facebook Home,  gewollt oder ungewollt, zu einem mächtigen Instrument einer allgegenwärtigen Homeland Security.

 

Nichts gelernt?

lauschangriffAufgrund unserer Geschichte sollten wir es eigentlich besser wissen: Wer nichts zu verbergen hatEs ist zu Deiner eigenen Sicherheit… Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen… Haben wir aus zwei deutschen Überwachungsstaaten denn gar nichts gelernt?

Die deutsche Übersetzung für Homeland Security lautet Heimatschutz – oder auch Staatssicherheit.

Info: Donnerstag, 18. April wird die Neureglung der Bestandsdatenabfrage im Innenausschuss des Bundesrates behandelt. Für dieses Wochenende haben Aktivisten zu Protestveranstaltungen in div. Städten aufgerufen. 

Zu diesem Thema auch: Bestandsdaten außer Kontrolle