Trends der Online-Nutzung in Deutschland 2013

Die neue ARD/ZDF Onlinestudie überrascht: Während die Zahl der Internetnutzer in Deutschland nur noch moderat steigt, explodiert die Dauer der Onlinenutzung. Der Grund: Smartphones und Tablets. Davon profitieren können Blogs, Twitter aber auch alle Bewegtbild-Anbieter.

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Die nackten Zahlen

Auf den ersten Blick erscheinen die Ergebnisse der ARD/ZDF Onlinestudie 2013 wenig spekatkulär: Rund 54,2 Millionen Menschen in Deutschland sind online, ein Anstieg von gerade mal 800.000 Menschen gegenüber dem Vorjahr bzw. ein Zuwachs um 1,3 von 75,9 Prozent (2012) auf 77,2 Prozent (2013). Der Zuwachs geht vor allem von den über 60-Jährigen aus, von denen inzwischen 43 Prozent im Netz aktiv sind.

Bei aller Euphorie: Im internationalen Vergleich nimmt Deutschland einen mittleren Platz ein. Die Online-Durchdringung der 27 EU-Staaten liegt bei 76 Prozent. Spitzenreiter dabei sind die skandinavischen Länder sowie die Niederlande, in denen über 90 Prozent der Bürger online sind.

Gespräch mit Birgit van Eimeren von der ARD/ZDF-Onlinestudie 2013

Nutzungsdauer explodiert

Beachtenswert: Der Zuwachs bei der Nutzungsdauer. 169 Minuten sind die Onliner täglich im Netz – eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 36 Minuten. Deutlich ausgedehnt haben ihre Online-Zeit vor allem die weiblichen Onliner (2012: 118 Minuten – 2013: 163 Minuten täglich). Der Grund: Der Siegeszug von Smartphones und Tablets.

Rechnet man On- und Offliner zusammen, um den Stellenwert der einzelnen Medien im Medienbudget aller Bundesbürger festzustellen, kommt jeder Erwachsene in Deutschland auf eine durchschnittliche Nutzungsdauer von 108 Minuten. 2012 lag die Nutzungsdauer im statistischen Durchschnitt noch bei 83 Minuten.

„Einen solchen Anstieg in so kurzer Zeit habe ich noch bei keinem anderen Medium jemals erlebt“, sagt Birgit van Eimeren, eine der beiden Autorinnen der jährlichen ARD/ZDF-Onlinestudie.

Verluste bei den klassischen Medien

Bei den 14- bis 29-Jährigen liegt die tägliche Nutzungsdauer bei 218 Minuten. Zum Vergleich: Der tägliche Fernsehkonsum der Jungen lag im selben Zeitraum bei 134 Minuten (ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 4 Minuten). Auch das Radio verliert bei den unter 30-Jährigen an Attraktivität mit 143 Minuten täglicher Nutzungsdauer gegenüber dem Vorjahr um 3 Minuten (146 Minuten gem. ma 2012 Radio I).

Während sich die elektronischen Medien gegenüber dem Web behaupten können, bricht die Zeitungslektüre weiter ein. Laut ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation lasen die Bundesbürger 1980 noch 38 Minuten täglich Zeitung. 1990, also noch vor dem Aufstieg des Internet, waren es 28 Minuten. 2010 verzeichnet die Studie einen durchschnittlichen Zeitungskonsum von nur mehr 23 Minuten täglich.

Die Offliner

Die Autorinnen der ARD/ZDF-Onlinestudie gehen nicht davon aus, dass wir in Deutschland auf absehbare Zeit eine Online-Durchdringung wie zum Beispiel in Skandinavien erleben werden. Bis 2018 dürften maximal 82 bis 85 Prozent der Deutschen online sein. Der Grund: Die heutigen Offliner sind laut der Studie offline aus Überzeugung. Dabei handelt es sich um überdurchschnittliche TV-Konsumenten und Tageszeitungsleser. Laut ARD/ZDF-Onlinestudie schauen 88 Prozent der Offliner täglich fern (Onliner: 73 %). 65 Prozent lesen täglich Zeitung (Onliner: 42 %).

Anders als die Offliner nutzen Onliner dafür unterschiedliche tagesaktuelle Medien und Quellen für die aktuelle Information. Laut ARD/ZDF Onlinestudie legt dies die Hypothese nahe, dass Onliner informierter sind als Offliner, „zumindest was die Breite, wenn vielleicht auch nicht die Tiefe der Information anbelangt“.

Weitere Trends 2013

Zu den Gewinnern gegenüber dem Vorjahr zählen Blogs. 16 Prozent der Onliner geben an, zumindest gelegentlich Blogs zu lesen (2012: 7%). Birgit van Eimeren vermutet, dass die „Dunkelziffer“ um einiges größer sein dürfte, weil viele Befragte zwischen professionellen Angeboten und Blogs nicht unterscheiden könnten. Auch Twitter zählt zu den großen Gewinnern des vergangenen Jahres: 7 Prozent der Onliner verwenden inzwischen den Kurznachrichtendienst. 2012 waren das gerade mal 4 Prozent. Spannend: Stark angestiegen ist die Twitter-Nutzung bei den 14- bis 29-Jährigen. Statt 5 Prozent (2012) twittern jetzt zumindest gelegentlich 22 Prozent (2013) der Kids.

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Video kills the Radiostar – again!

Beliebt wie nie: Bewegtbildinhalte. Ein Trend, der sich bereits seit 2005/2006 abzeichnet ist die Ablösung von Audio durch Video. Laut ARD/ZDF-Onlinestudie haben mehr Menschen Kontakt mit Videos (74%) als mit Audios im Netz (54%). Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Zuwachs von 4 Prozentpunkten. Der Anteil derer, die schon einmal im Internet ferngesehen haben, stieg auf 26 Prozent. 2010 hatten erst 15 Prozent der Internetnutzer lineare Fernsehinhalte über das Internet verfolgt.

Während Videoportale wie YouTube (noch) fest in der Hand der jungen Nutzer sind (88 Prozent der 14-29-Jährigen nutzen regelmäßig Videoplattformen oder Streamingdienste gegenüber 32 Prozent bei den über 50-Jährigen), liegen Jung & Alt bei der Nutzung von Mediatheken der Fernsehsender in etwa gleich auf. Vor allem die Älteren nutzen Bewegtbildinhalte deutlich stärker als noch 2012.

Zu den Jahres-Gewinnern gehören hierbei vor allem Videopodcasts (7 Prozent Nutzung gegenüber 3 Prozent in 2012) sowie Streamingdienste. Diese wurden dieses Jahr bei der Onlinestudie zum ersten mal mit berücksichtigt und weisen eine „signifikante Nutzung“ auf: 12 Prozent der deutschen Onliner haben bereits Erfahrung mit Streamingplattformen wie Zattoo, T-Home oder Lovefilm.

Fazit

Die Langzeitbetrachtung der letzten 10 Jahre zeigt, dass das Interesse an Inhalten, die über das Internet ausgespielt werden, in nahezu allen Themenbereichen zugenommen hat. Die Autorinnen der Studie folgern: „Damit wird das Internet mehr und mehr zu der zentralen Anlaufstelle für Informationen aus allen Bereichen des Lebens.“

Das Rieplsche Gesetz, wonach kein neues Medium ein altes Medium je verdrängt sondern lediglich ergänzt, wird durch die neue ARD/ZDF-Onlinestudie einmal mehr ad absurdum geführt und als das enttarnt, was es ist: eine Ausrede, um sich nicht an die digitale Medienrealität und die Wünsche eines neuen, anspruchsvolleren Publikums anpassen zu müssen.