Heute soll vom Bundesrat der Vermittlungsausschuss angerufen werden. Es geht um den millionenschweren Datenhandel bei den Meldebehörden. Die Ausschussvorlage lässt Schlimmes erahnen.

Nach Proteststürmen im Juni, als das umstrittene Meldegesetz parallel zum Fußball-EM-Halbfinal-Spiel gegen Italien durch den Bundestag gejagt wurde, wird die Gesetzesvorlage nun im Bundesrat neu verhandelt. Werbetreibende sollen laut Ausschussempfehlung künftig nur dann Zugriff auf das Melderegister erhalten, wenn die Betroffenen nichts dagegen haben. Die werden dazu aber nicht etwa um Erlaubnis gefragt; es reicht, wenn der Adresshändler angibt, der Bürger habe ihn dazu ermächtigt. Eine Kontrollpflicht seitens der Behörde ist nicht vorgesehen.

Das Ergebnis könnte dann in Zukunft so aussehen:

Meldeamt:             Sie wünschen?

Adresshändler:   Guten Tag. Ich hätte gern die Privatanschrift von Richard Gutjahr.

Meldeamt:            Dürfte ich fragen, zu welchem Zweck?

Adresshändler:   Ich bin Adresshändler. Ich will die Adresse von Herrn Gutjahr an soviele Versandhäuser, Reisebüros und Lotteriegesellschaften verkaufen wie nur irgendmöglich.

Meldeamt:            Mooooment! Wie stellen Sie sich das bitte vor? Glauben Sie im Ernst, wir würden so leichtfertig die Privatadressen unserer Bürger rausrücken?!

Adresshändler:   Verdammt.

Meldeamt:            Ist Herr Gutjahr denn überhaupt damit einverstanden, dass wir Ihnen seine Daten geben?

Adresshändler:   äh… wissen Sie… (Hust) Jau, findet er ganz prima.

Meldeamt:            DAS ist natürlich etwas ganz anderes! Hier, bitte sehr. Macht 10 Euro.

Adresshändler:  Danke, Sie sind zu freundlich.

Meldeamt:            Brauchen Sie auch noch Geburtsdatum und Konfession?

Adresshändler:   Aber nur, wenn es nicht zuviel Umstände bereitet.

Meldeamt:            Kostet extra.

Adresshändler:  Klar, wieviel?

Meldeamt:            Sie haben Glück. Die Buchstaben G bis J sind heute im Angebot. Und wenn Sie das All-inclusive-Paket mit 1000 Adressen kaufen, bekommen Sie dieses praktische Messerset gleich noch oben drauf.

Spiegel Online hat ermittelt, dass deutsche Meldeämter mit dem Verkauf von Adressen Jahr für Jahr Millionenbeträge einnehmen.

„Was der Vermittlungsausschuss da beschließen soll, ist nichts anderes als eine gesetzgeberische Einladung zum Missbrauch, der klar die Handschrift der Lobbyisten trägt.“ (Rechtsanwalt Thomas Stadler)

siehe auch:

Internet-Law: Meldegesetz – Gesetzgeber kann sich nicht aus dem Würgegriff der Lobbyisten befreien

G! blog: Adresshandel in Deutschland – die Privilegierten 

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2 Kommentare
  1. Harald Lux schreibt:

    Dazu passt auch eine Welle von Newslettern (von „ordentlichen deutschen Firmen“), die ich letztlich plötzlich bekam. deren Datenlieferant meinte: Ich hätte an einem Gewinnspiel teilgenommen und ein Double-Opt-In erfolgreich durchgeführt. Und wenn ich das nicht gewesen wäre, dann solle ich besser auf meinen PC/meinen Account aufpassen, damit dieser nicht von Trojanern oder sonstigen Leuten gekapert wird …

    NUR: Ich kann die angebliche Bestätigungsmail schon nicht in den Logdateien meines Mailservers finden. Egal wie verseucht mein PC ist, wenn die Adresshändler wirklich einen Bestätigungscode für das Double-Opt-In Verfahren per Mail geschickt hat, wie er sagt, dann müsste ich in den nicht manipulierbaren Logdateien meines Mailservers ja was finden …

    Problem für den „normalen“ Nutzer: Er hat in der Regel keinen Zugriff auf die Logdateien seines Mailservers. Er hätte also keine Chance, die angebliche Zustimmung zu widerlegen!

    • Definiendum schreibt:

      Ich bin jetzt aber überrascht, mein Einwohnermeldeamt hat soweit ich weiß keine Email-Adresse von mir.

Willkommen!