Aus der Mitte entspringt nur Frust

Mittelmaß galt lange als das Maß aller Dinge: Wer im Job keine Fehler machte, wurde befördert. Das Internet verändert die Spielregeln. Ob Journalist, Politiker oder Taxifahrer, in der vernetzten Welt kommt alles und jeder auf den Prüfstand. Gut genug reicht nicht mehr. Das Web verzeiht alles, nur kein Mittelmaß.

 

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Ein Ratschlag für die Zukunft

Bei Workshops oder Vorträgen werde ich von Studenten oft gefragt, welchen Rat ich ihnen für die Zukunft geben könne. In solchen Momenten fühle ich mich einerseits geschmeichelt, andererseits auch unendlich alt. Demnächst springen sie in der U-Bahn auf, um mir einen Sitzplatz anzubieten.

Dennoch, wenn es einen Ratschlag gibt, den ich jungen Menschen heute machen würde, er würde lauten: Meidet die Mitte!

Verschwendet Euer Leben nicht mit Mittelmaß, konzentriert Euch auf Eure Stärken. Dienst nach Vorschrift reicht nicht mehr. Nur wer das, was er macht, mit Leidenschaft verfolgt und sich dadurch von der Masse abhebt, wird in einer global vernetzten Arbeitswelt bestehen können.

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Angst fressen Seele auf

In meinem bisherigen Berufsleben habe ich unter verschiedenen Chefs gearbeitet. Gute Chefs, möchte ich hinzufügen. So unterschiedlich die Charaktere auch waren, eines hatten sie gemein: Wann immer man mit einer Idee auf sie zukam, sah man über ihren Köpfen die immer gleiche Denkblase aufsteigen: „Könnte ich dafür Ärger kriegen?“

Was zählte war nie die Frage, ob eine Idee an sich gut oder schlecht war. Was meine Vorgesetzten viel mehr beschäftigte, war die Frage, ob sie sich selbst durch einen solchen Vorstoß angreifbar machen. Die Sorge, dass jemand etwas sagen könnte, sich ein Scheitern wohlmöglich negativ auf ihre Karriere auswirkt.

Angst lähmt. Sie bewahrt uns vor Schaden, ja, aber sie bringt uns um die fantastischen neuen Möglichkeiten, die sich um uns herum auftun.

 

quote_mediocrity_ingersollBloß keine Fehler machen

In den letzten Jahren habe ich viele Menschen an mir vorbeiziehen sehen, deren größte Leistung darin bestand, nirgendwo anzuecken, keine Fehler zu machen. Adrett, angepasst, systemintelligent. Nie ganz schlecht. Nie wirklich gut.

Das funktioniert, solange die Wirtschaft brummt und die Einnahmen sprudeln. Doch die Innovationen aus dem Industriezeitalter, die Geschäftsmodelle, die Generationen vor uns erfunden haben, drohen von der digitalen Revolution Stück für Stück auseinandergenommen zu werden, bis irgendwann nichts mehr davon übrig ist.

Das Internet hebt die Welt, wie wir sie kannten, aus den Angeln. Ob Musiker, Journalist oder Taxifahrer – kein Job ist mehr sicher. Alles kommt auf den Prüfstand. Wir alle spüren es: Die Einschläge kommen näher.

 

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quote_mediocrity_grahamMittelmaß ist keine Option

Wenn mich das Internet etwas gelehrt hat, dann die Erkenntnis, dass es im Netz keinen Bedarf gibt für Mittelmaß. Mittelmaß ist keine Nische. Mittelmaß ist ein Grab.

Im Zeitalter der Massenmedien war das Mittelmaß Maß aller Dinge. Ein (Massen-) Programm, ein Showmaster, ein Magazin musste allen schmecken, durfte nicht allzu viele Ecken und Kanten haben, eben der kleinste gemeinsame Nenner.

In einer vernetzten Welt, in der nicht länger die Masse entscheidet, sondern das Individuum, gelten andere Gesetze. Entscheidend ist nicht mehr die Gleichmacherei. Entscheidend ist, ob du in deinem Genre, in deinem Fachbereich relevant bist.

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Sei der Erste oder sei der Beste

Sei der Erste oder sei der Beste. Wenn du weder das Eine, noch das Andere zu bieten hast, hast du ein Problem. Kein Mensch wartet auf Mittelmaß!

Oder wann habt Ihr in der Kaffeeküche das letzte Mal den Satz gehört: „Du, gestern habe ich eine Serie gesehen, die war echt unglaublich mittelmäßig!“. Im Netz findet „geht so“ nicht statt. Mittelmaß wird durch Suchfilter und das Fehlen von Likes von vorne herein ausgeblendet. Anders ausgedrückt: Mittelmaß ist der kleine Bruder von nett.

 

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Was also tun?

Wenn Ihr etwas habt, das Euch Spaß macht, von dem Ihr wisst, dass Ihr gut darin seid, geht ‚all in‘ und versucht Euch damit durchzusetzen, zur Not auch in Eigenregie. Euer Vorteil: Ihr seid flexibler, könnt auf Veränderungen im Markt schneller reagieren, als die großen Tanker („Das haben wir schon immer so gemacht!“).quote_mediocrity_doyle

Meidet Bedenkenträger. Sucht Euch Leute, die genauso für Eure Idee brennen, wie Ihr. Damit sind nicht etwa willenlose Ja-Sager gemeint, sondern Mitstreiter, denen es um die Sache geht, nicht um Geld oder die nächste Beförderung.

Die Epoche, in das wir hineingeboren worden sind, erfordert mehr, als einfach nur auf Zeit zu spielen. Die Hoffnung, dass es bis zur Rente noch reicht oder dass es am Ende vielleicht doch nicht so schlimm kommt, ist kein guter Berater.

Lasst Euch von Euren Ideen treiben, nicht von Euren Ängsten. Wenn Ihr erst beginnt, Euch mit den neuen Möglichkeiten auseinanderzusetzen, wenn es opportun ist oder weil man es plötzlich von Euch verlangt, ist es zu spät.

 

Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Was braucht man, um in der Zukunft zu bestehen? Ich freue mich auf Eure Beiträge!