Führte die CSU letztes Jahr noch einen Kreuzzug gegen Facebook, Google Streetview & Co heisst es heute: Dabei sein ist alles. Die Christsozialen haben die Sozialen Netzwerke für sich entdeckt und in ihrer Parteizentrale sogar einen Internet-War-Room eingerichtet.

Barack Obama hat diese Woche zu einem Twitter-Townhall-Meeting geladen. Eine Stunde lang konnten die Menschen dem US-Präsidenten mit ihren 140-Zeichen-Kurznachrichten Fragen stellen. Wenn man Glück hatte, zwitscherte der US-Präsident sogar persönlich zurück.

Von Obama lernen, heißt Siegen lernen, dämmert es jetzt auch in der CSU. Waren Google Streetview und Co im letzten Sommer noch die erklärten Feinde der Konservativen, heißt es heuer: Dabei sein ist alles. „Ihr werdet Euch noch wünschen, wir wären politikverdrossen!“, haben die jungen Wähler den Christsozialen ins Facebook geschrieben. Und so hat die CSU nach der Atomwende nun also auch die Informationswende im Web eingeläutet.

Im zweiten Stock des CSU-Headquarters in der Nymphenburger Straße wurde eine Art „Internet-War-Room“ eingerichtet. Von hier aus werden alle Botschaften der Partei-Freundes- und Feindesnetzwerke beobachtet und ausgewertet. Jede Sympathiebekundung bei Facebook wird registriert, jeder kritische Piep bei Twitter notiert. „Die kommenden Wahlen werden auch im Internet gewonnen“, weiß Generalsekretär Alexander Dobrindt und streichelt über sein iPad als sei es Aladins Wunderlampe. Dem Volk aufs digitale Maul schauen, so die neue Partei-Devise.

[singlepic id=10 w=480 h=360 float=]. (Meine Twitter-Poll von 2009 – Zum Vergrößern bitte klicken)

Wer jetzt meint: Na bravo, hat die CSU nach 20 Jahren auch schon das Internet entdeckt, dem schmettert Alexander Dobrindt beherzt entgegen: Falsch! Denn im Grunde waren es die Christsozialen, die die Sozialen Netzwerke erfunden haben, genauso wie die Partei übrigens schon immer für Windkraft und Gleichberechtigung gekämpft hat. Nur wurde das von der Presse halt immer falsch dargestellt. Doch damit ist jetzt schluss! Dank Internet kann die Parteiführung ihre Botschaften jetzt ohne Umwege unters Volk bringen, vorbei an den lästigen Pressefuzzis. Eine neue Homepage muss her, eine neue CSU-App fürs iPhone, noch packender, noch interaktiver, noch näher dran am Menschen!

Schöne neue digitale Welt, freut sich die CSU-Spitze und träumt von einer neuen Regierungs-Matrix 99+ X . ohne Journalisten und vor allem ohne FDP. Bis auf neulich, da schreckte Alexander Dobrindt mitten in der Nacht auf, geplagt von einem furchtbaren Alptraum: Im Traum lädt Dobrindt im Internet aus Versehen die ganze Welt zu einer Facebook-Party – doch keiner kommt.

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9 Kommentare
  1. mahrko schreibt:

    Hey das Netz gibt es doch schon 30 Jahre. Das hat mir Frau Piehl erklärt. ;-)

    Das schönste Zitat in der Süddeutschen im zugehören Artikel dazu:
    „Das Internet geht nicht wieder weg. Von diesem Gedanken muss man sich verabschieden“
    (Christoph Bieber, Politikwissenschaftler an der Universität Duisburg-Essen)

    http://www.sueddeutsche.de/bayern/csu-und-das-web-big-brother-nachname-dobrindt-1.1116055

  2. Micha schreibt:

    Auf eine der am meist retweetete Frage ist Obama aber nicht eingegangen: Die Legalissierung von Marihuana. Das scheint die junge Twittergeneration am meisten zu interssieren.

Willkommen!