Rückkehr ins Silicon Valley. Ein Jahr ist es her, dass Marcus Schuler und ich im Herzen der Tech- und Webwelt unterwegs waren. Seitdem ist eine Menge passiert… (Diese Serie jetzt täglich direkt aus Kalifornien)

Trotz Hurricane- und Erdbeben-Warnungen, unsere Reise von München-San Francisco nach Sunnyvale verlief gänzlich unspektakulär. Für einen echten Journalisten fast schon enttäuschend ;-). Im US-TV wetteifern Fox News und CNN, die Apokalypse heraufzubeschwören; Glenn Beck (ehem. CNN, dann Fox), den ich vor 3 Wochen noch in Jerusalem getroffen habe, bezeichnet Irene konsequenterweise als ‚Gods Blessing‘. Anderson Cooper steht am Battery Park von Manhattan in der einzigen Pfütze weit und breit und sagt: „I’m standing here right in the water.“ (Eine gute Diskussion zu dem Thema gibt es übrigens bei Poynter: „Public Service or Weather Porn?“).

Marcus und ich – wie Ihr wisst stets auf der Suche nach der Wahrheit – . …und einem HP Touchpad für 99 Dollar. Doch unsere Hoffnung wird schon an der Eingangstür zum nächstbesten Best Buy begraben (siehe Bild). Wer uns vor nur einem Jahr erzählt hätte, dass Hewlett Packard Mitte 2011 bekannt geben wird, seine einst so erfolgreiche PC-Sparte einzustellen und dass der großmäulig angekündigte iPad-Killer von HP nur kurze Zeit nach dem Release auf dem Grabbeltisch landet, den hätte ich für nicht zurechnungsfähig gehalten (okay, letzteres hätte ich ihm geglaubt).

Nur einen Block von Best Buy entfernt werden Marcus und ich auf eine Menschen-Ansammlung aufmerksam. Vor dem Borders-Buchladen wartet ein gutes Dutzend Personen auf Einlass. „GOING OUT OF BUSINESS“ steht in großen gelben und roten Lettern auf den Plakaten. Alles muss raus, mit Rabatten von bis zu 70%. Mit ‚alles‘ ist wahrhaftig alles gemeint: Bücherregale, Verkaufstresen, Stühle – das gesamte verdammte Inventar. Betroffen ist nicht nur diese eine Filiale im Silicon Valley (Wer liest hier schon!), die ganze Kette wird aufgelöst.

Der Laden, den wir betreten, sieht aus, als hätte hier gerade ein mittelschweres Erdbeben gewütet. Kinderspielzeug, DVDs und Bücher liegen verstreut auf dem Boden. Das Personal macht sich gar nicht mehr die Mühe, den Plunder wieder zurück in die Regale zu räumen. Ich frage Mike, einen der wenigen verbliebenen Angestellten, warum Borders zumacht. Schlechtes Management, die Online-Kaufhäuser, aber auch die Verbreitung von iPad und E-Book-Readern – da sei eine Menge zusammen gekommen, sagt er. Wie es denn dem Konkurrenten „Barnes & Noble“ (Bertelsmann) so ginge, will ich wissen. „Bei denen ist alles okay“, sagt Mike, fügt dann aber hinzu: „Wobei, das haben wir vor einem Jahr hier auch noch alle gedacht“.

Mir scheint, manchmal sind wir so sehr beschäftigt damit, uns vor medialen Monster-Hurricanes zu fürchten, dass wir die wahren Stürme, die tatsächlich alles auf den Kopf stellen, aus dem Blick verlieren.. Mit diesen bedeutungsschwangeren Gedanken gute Nacht bzw. guten Morgen in die Heimat. Morgen ein neues Kapitel – dann aus Cupertino.

Ausserdem erschienen:

California Diaries (4) -. Heiter bis Wolkig

California Diaries (3) -. Apple Zentrale: Mein Leben als Brian

California Diaries (2). -. Können auch Mädchen Fanboys werden?

California Diaries (1) -. Borderline

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5 Kommentare
  1. Conrad Tribble schreibt:

    Herzlich willkommen in meinem Heimatstaat wieder. Ihr seid öfter da als ich!
    Frage: Wie ist denn Glenn Beck in der Person?
    1. Kommentar: Weather Porn ist schon richtig.
    2. Kommentar: Borders, BarnesNoble, etc. waren auch als Killer der kleinen Indie-Buchlaeden gefürchtet. Wäre interessant einen solchen Laden aufzusuchen, mal fragen, wie das jetzt so aussieht (z.B: http://www.lindentreebooks.com in Los Altos). Das Internet kann die Vielfalt und die Preise von Borders überbieten, aber nicht den Service des kleinen Ladens. Maybe?

  2. Till Schramm schreibt:

    Traurig zu sehen, dass es mit Borders so zu Ende geht. Habe während eines Auslandsaufenthaltes in den USA Ende der 90er, Stunden über Stunden damit verbracht, mich durch alle Regale und Abteilungen des lokalen Borders-Büchertempels zu graben (und habe natürlich hinterher auch etwas gekauft ).

    Mit dem Untergang der Buchhändler geht definitiv ein Stück Lesekultur verloren.

Willkommen!