Rekordgewinne hin, Analystenprognosen her – die ganze Welt wartet darauf, dass Apple ein Fernsehgerät auf den Markt bringt. Doch was, wenn alles ganz anders kommt? Was, wenn wir den Fernseher schon alle in der Tasche tragen?

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Bigger than anything

Es könnte größer werden als iPod, iPhone und iPad zusammen: Die ganze Welt wartet darauf, dass Apple seinen Fernseher präsentiert. „It’s an area of intense interest. I can’t say more than that“, so hat Apple CEO Tim Cook die Gerüchte vor Weihnachten angeheizt und soeben, nach Verkündigung der Weihnachts-Quartalszahlen, ergänzt: „There is a lot we can contribute in this space“.

Nach seinem Tod hatte Steve Jobs höchst persönlich die Welt in seiner Biographie wissen lassen „I finally cracked it“. Wir können also davon ausgehen: Dass Apple den TV-Markt aufmischen will, ist keine Frage des Ob, sondern eine Frage des Wann, und vor allem eine Frage des Wie. Wie wird er aussehen, der Apple Fernseher? Was wird er können? Was wird er kosten?

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Apple-CEO Tim Cook: “When I go into my living room and turn on the TV, I feel like I have gone backwards in time by 20 to 30 years.” (Quelle: NBC / Foto: Apple)

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SchmarrnTV statt SmartTV

Bevor wir uns diesen wichtigen Fragen widmen, lasst uns festhalten:

Alles, was uns derzeit als „Smart“ oder „Hybrid“-TV verkauft wird, ist Schrott. Die sogenannten ‚SmartTVs‘ befinden sich aktuell in einem Stadium, in dem sich Internet-Handys befunden haben, bevor das iPhone kam.

Die versprochene intuitive Zusammenführung von Fernsehen und Internet ist bislang ausgeblieben: Anwendungen, die kein Mensch auf dem Fernsehschirm haben will; Funktionen, die nur in der Theorie funktionieren; Bedienkonzepte (überladene Fernbedienungen, Sprach- oder Bewegungssensoren), die noch nicht einmal als „beta“ bezeichnet werden können.

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Fakt ist: Weniger als 15 Prozent der Menschen, die einen Internet-Fernseher besitzen, nutzen die viel gepriesenen Web-Funktionen. Die meisten nutzen ihn, um damit klassisch fernzusehen. Oder wie es WIRED jüngst so treffend formulierte: No one uses SmartTV Internet because it sucks. Die aktuellen SmartTVs können nichts, aber auch rein gar nichts, was moderne Smartphones nicht schon lange besser können.

Und genau hier kommt Apple ins Spiel. Was, wenn es sich beim Apple Fernseher nicht um ein Fernsehgerät handelt, sondern um ein Device, das viele von uns bereits besitzen? Was, wenn der mit Spannung erwartete Apple Fernseher am Ende gar unser iPhone/iPad ist?

Apple baut kein Fernsehgerät 

Mag sein, dass Apple an Prototypen für eigene Fernsehbildschirme arbeitet. Ich persönlich bezweifle aber, dass Apple tatsächlich eigene Fernsehgeräte herausbringen wird. Die Margen sind zu gering, zumal man davon ausgehen kann, dass nicht jeder, der bereits einen funktionierenden Fernseher an der Wand hängen hat, auf ein überteuertes Apple-Gerät wartet (mit einem darin verbauten handelsüblichen Sharp-Screen).

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Steve Jobs über sein TV-Konzept: „It will have the simplest user interface you could imagine.“ (Bild: Apple)
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Mein Fernseher zuhause

Lasst mich erklären, wie ich zu dieser Annahme komme:

Viele, die wie ich bereits eine Apple-TV-Box besitzen (5,3 Millionen verkaufte Geräte im Geschäftsjahr 2012), sind mit dem Kästchen zufrieden und nutzen es regelmäßig.

Doch was nutzen wir wirklich? Filme und Serien aus dem iTunes-Katalog herunterladen kann ich mit dem iPhone/iPad auch – dort sogar meist besser und schneller, weil das Suchen nach bestimmten Inhalten mit dem Touchscreen auf dem Schoß deutlich komfortabler ist als mit der Fernbedienung (Buchstabeneingabe!).

Weiterer Vorteil: Ich kann auf meinem iPhone/iPad weiterschauen, wenn ich auf Reisen bin, das Video abends auf den Hotel-Fernseher beamen. Probier das mal mit einem SmartTV-Gerät, festgeschraubt zuhause an der Wohnzimmer-Wand.

Der Second Screen wird zum First Screen

Sogar das Aufrufen von Web-Content (YouTube oder Mediatheken der Sender) funktioniert mit dem iPhone/iPad schneller und besser. Dank Airplay ist es möglich, Bewegtbild-Angebote aus dem Netz direkt vom iPhone aus in HD-Qualität auf den Fernsehbildschirm zu beamen – ein Knopfdruck und das Videosignal erscheint auf meinem Fernseher (siehe Video weiter unten). Der Second Screen wird zum First Screen, der Fernsehbildschirm dient lediglich als Projektionsfläche.

Fun Fact: Während das iPhone den Livestream von „Schlag den Raab“ über den Safari-Browser empfängt und via Apple-TV-Box auf den Fernseher beamt, kann ich parallel dazu andere Apps aufrufen und beispielsweise die laufende Sendung über einen Twitter-Client kommentieren. Der Livestream läuft im Hintergrund weiter. Dieses Multitasking funktioniert nicht bei Mediatheken. Hier bricht das Airplay-Streaming beim Verlassen der Seite ab.

Praxis-Test: Mit dem SmartTV brauche ich 3mal länger, um die ZDF-Show „Neues aus der Anstalt“ zu starten

Die Evolution der Revoultion

Wozu also überhaupt noch eine Settop-Box? Wer die Entwicklung von Apple TV über die Jahre verfolgt hat, wird feststellen, dass das Gerät Organe, die es nicht länger benötigt, einfach abgestoßen hat. Die Rede ist vor allem von der Festplatte, dem Großhirn, das durch einen Chip ersetzt wurde, der heute nur noch zum Buffern, als Kurzzeitgedächtnis dient.

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Der Trick mit dem Stick

Spinnt man diesen Gedanken evolutionär weiter, müsste die nächste Generation von Apple TV konsequenterweise aus einem Gerät bestehen, das lediglich zum Empfangen des Airplay-Signals dient. Denkbar wäre eine Art USB-Stick, der in jede Hosentasche passt – viel wichtiger – in nahezu jedes Fernsehgerät der Welt.

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Apple könnte damit beginnen, die Airplay-Technologie an Fernsehgerätehersteller zu lizensieren. Für alle anderen TV-Geräte gibt es den Stick, der jeden Fernseher per „plug & play“ in einen Apple-Fernseher verwandelt. Content-Anbieter müssten darauf achten, ihre Programmangebote dahingehend zu optimieren, dass sie Airplay-kompatibel sind (= no Flash!). Das ist bei einem Großteil der Sender-Mediatheken und Bewegtbild-Plattformen ohnehin schon der Fall.

  Steve Jobs 2010 über Fernsehen und Innovation

iPhone/iPad als Kommandozentrale

Das eigentliche Web-Interface, Programmzeitschrift und zugleich Fernbedienung werden iOS-Devices sein, Geräte, die Apple gar nicht erst unters Volk bringen muss, sondern von denen bereits weltweit über 500 Millionen Stück verkauft worden sind. Bei den meisten von uns liegen iPhone oder iPad beim Fernsehen ohnehin schon in Greifnähe. Übrigens: Nicht nur Apple verfügt über ein AirPlay-System – auch Google hat jüngst eine Technologie zur Übertragung von Bewegtbild-Inhalten via Android/YouTube vorgestellt.

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Google arbeitet ebenfalls an einer AirPlay-Technologie (Quelle: Google/YouTube)

Wann ist es soweit?

Bleibt noch die Frage: wann? Hier muss ich gestehen, habe ich daneben gelegen. Ursprünglich hatte ich mit einer Präsentation des neuen Apple TV-Konzepts in diesem Monat gerechnet. Mein neuer Tipp: September 2013, spätestens aber Januar 2014.

Fazit

Apple baut keinen Fernseher. Das Herzstück des neuen Apple-TV-Konzepts wird das iPhone/iPad. Der Second- wird zum First Screen. Die Zukunft des Fernsehens lautet: Kluge mobile Geräte (Kommandozentrale) und dumme Bildschirme (Projektionsfläche). Die Inhalte selbst liegen in der Wolke. Fernsehhersteller können Apples Airplay-Technologie lizensieren und in ihre Fernseher integrieren. Für alle anderen Geräte wird es einen Receiver-Stick geben, der nahezu jeden Fernseher in einen Apple-Fernseher verwandelt.

Mehr zu diesem Thema: Apple, Amazon, Google & Netflix – Die bevorstehende TV-Revolution

 

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49 Kommentare
  1. Hannes Schleeh schreibt:

    Hallo Richard,

    sehr interessanter Beitrag. Aber womit verdient Apple dann Geld? Könnte demnach nur Software sein? Einen ähnlichen Ansatz zeigt Sony mit dem Z. Leider nur bei Sony Fernsehern.

    • Richard schreibt:

      Apple macht schon heute Geld mit Lizenzen (z.B. für offizielles iPhone-/iPad-/iPod-Zubehör), AirPlay-Produkte (Lautsprecher), die professionelle Nutzung des Quicktime-Video-Codecs etc. Das wird mit festverbauter Airplay-Technologie sicher nicht anders sein. Hinzu kommen die Erlöse aus dem iTunes-TV & Filmhandel. Der Stick selbst wird ja auch nicht verschenkt. Evtl. könnte Apple dazu eigene Apps (virtueller Videorecorder etc.) anbieten. Apples Kreativität kennt keine Grenzen, gerade wenn es ums Geld verdienen geht!

      • Hannes Schleeh schreibt:

        Habe mir auch schon länger Gedanken zum „Next big thing“ gemacht. Ich denke das wird eine AR-Brille werden. http://schleeh.de/the-next-big-thing-was-folgt-auf-das-smartphone/

      • klaus throm schreibt:

        zudem wird sich dadurch natürlich die nachfrage nach iphones + ipad dramatisch verstärken!
        …und vor allem wird sich die nachfrage verstetigen und die grassen wellen nach einführung neuer produkte oder updates nivellieren…

        …klasse beitrag übrigens!!

  2. Michael Tzschoppe schreibt:

    +1 Klasse Post!

    • Richard schreibt:

      Danke. Klasse Leser! ;-)

Willkommen!