„Mein Haus! Mein Auto! Mein Boot!“ Erbärmlich. Was uns damals in den 90ern noch als cool und erstrebenswert erschien, verdient im Rückblick bestenfalls unser Mitleid. Das Netz hat eine längst vergessen geglaubte Kultur zurück gebracht: Die Kultur des Teilens.

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Vom Auto bis zur eigenen Wohnung – hieß es gestern noch „Geiz ist geil“, heißt es heute: Wir Teiler sind geiler. Car- oder Couchsharing waren nur der Anfang. Von der Bohrmaschine bis zum Rasenmäher, im Netz wird alles geteilt, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Wer Frau ist und wieder mal nichts anzuziehen hat, kann in der Hamburger Kleiderei seine Fummel (ver-) leihen. Weil 30 Prozent unserer Lebensmittel ungenutzt in den Hausmüll wandern, versucht die Seite foodsharing.de jetzt sogar, überschüssige Einkäufe aus dem Supermarkt neu zu vermitteln, bevor das Verfallsdatum abläuft.

Shareconomy – so das Motto dieses Jahr auf der Computermesse CeBIT. Teilen von Gütern, von Information, von Wissen. Menschen, die sich im Leben noch nie begegnet sind, arbeiten im Netz gemeinsam an der Lösung eines Problems. Sie vernetzen sich, tauschen sich aus, in der Hoffnung, dass am Ende für alle mehr dabei rumkommt, als wenn jeder allein vor sich hin wurschtelt.

Wikipedia statt Brockhaus, der freie Austausch von Informationen. Dem gegenüber steht das alte Weltbild des elitären Herrschaftswissens. Das lässt sich besonders gut in Politik und Wirtschaft beobachten, wo die Kontrolle über den Zugang zu Informationen noch immer ein beliebtes Machtinstrument ist. Doch was nutzt dem Chef sein Informationsvorsprung, wenn alle Informationen plötzlich frei im Netz fließen und er den Zugang nicht mehr steuern kann?

Machtstrukturen geraten ins Wanken – im Betrieb, in der Religion, in der Politik. Viele der alten Machthaber sind noch immer der Meinung, dass sie durch das Teilen von Informationen Macht abgeben. Das Gegenteil ist der Fall: Im Zeitalter einer vernetzten Welt gilt nicht derjenige als König, der am meisten rafft, sondern derjenige, der sein Wissen mit anderen teilt. Der Traum vom Sozialismus verwirklicht durch die sozialen Netzwerke? So weit würde ich nicht gehen. Doch was nutzen am Ende Haus, Auto und Boot, wenn man sein Glück mit niemandem teilen kann?

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6 Kommentare
  1. Melanie schreibt:

    Habe mir ein paar Deiner Texte durch gelesen. Du hast echt eine inhaltlich und textlich
    angenehme Schreibe :-)

    • Richard schreibt:

      Dankeschön für das nette Kompliment. Freut mich, dass Dir mein Blog gefällt!

  2. Daniel schreibt:

    Guter Artikel. Kurz und knapp. Erwähnenswert scheint mir noch ein Urgestein dieses Idee http://www.mitfahrgelegenheit.de, sowie die neueren Dienste für gemeinsames Wohnen wie http://www.airbnb.de.
    Die wichtigste Idee bzw. Mehrwert hinter dem Teilen ist damit eine Alternative zum Wachstumswahn und dem Konsum (kaufen) auf zu zeigen.

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