(wg. Blog-Umzug hier neu gepostet)

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Erinnern Sie sich noch an die X-Akten von Agent Mulder und Scully, Kultserie aus den 90ern? Halten Sie mich für naiv, aber ich habe diese Serie geliebt! Freunde wussten, dass man mich Sonntag, bzw. später dann am Montag Abend ab 20:15 Uhr besser nicht anruft (und wenn sie es dennoch taten, dann waren es bald keine Freunde mehr).

Fox Mulder hieß der in ein Kellerbüro verbannte FBI-Agent, der an paranormale Phänomene glaubte und über dessen Schreibtisch ein UFO-Poster hing mit den schnörkellosen Worten: „I WANT TO BELIEVE“.

I_Want_To_BelieveWarum erzähle ich Ihnen das? Ach ja richtig: Das 49-Euro-MacBook vom Otto Versand, ein Angebot nicht von dieser Welt. Nach einer turbulenten Woche (Dienstag: Freude über ein. Schnäppchen, Mittwoch: Ärger über einen pampigen Pressesprecher, Donnerstag: Respekt vor der Entschuldigung seitens der Firma), nach diesem Wechselbad der Gefühle also, beschleicht mich heute ein neues Gefühl: Unbehagen. Und hier kommen die X-Akten ins Spiel.

War die ganze MacBook-Panne ein einziger Schwindel? Wurden wir alle, Blogger wie Journalisten, benutzt, um jüngere und vor allem Internet-affine Zielgrupen von Quelle.de und vor allem von Web-Marktführer Amazon zu otto.de zu locken? Ich weiß: klingt absurd. Konstruiert. Paranoid. Als bekennender X-Filee und Verschwörungs–fanatiker jedoch auch faszinierend. Lust, diesen Gedanken mal mit mir durchzuspielen?

OTTO_Logo KopieDie Ausgangslage

Blendend. OTTO steht gut da, verzeichnet seit diesem Monat ein Umsatzplus im zweistelligen Bereich. OTTO will aber noch weiter wachsen, bemüht sich vor allem im Online-Sektor um den Kauf von Teilen der Versandhandelssparte Arcandor. Je schwächer Quelle desto besser für OTTO. Hypothese: Will man den angeschlagenen Konkurrenten durch gezielte Aktionen sturmreif schießen, um hinterher billig zu kaufen?

Die Spin-Doktoren

Profis. Kommunikationsleiter der Otto Group ist Thomas Voigt, der sich in seinem eigenen Branchen-Magazin (er war dort Chefredakteur) in der nächsten Ausgabe als Social-Media-Stratege feiern lässt. Selbst Journalist („w&v“, „Impulse“), kennt er die Mechanismen der Kommunikation von beiden Seiten. Wird dem „PR-Professional des Jahres 2009“ ein solcher Lapsus unterlaufen, wie ich selbst (und mit mir viele Andere im Netz) zunächst annahm? Auch Sprecher # 2 ist interessant: Martin Schleinhege war bis Ende 2008 noch leitender PR-Chef bei Arcandor (sic!).

OttoVoigt

Das Web 2.0

Knifflig. Um im Web einen Hype zu erzeugen reichen die klassischen Anzeigen nicht mehr. Auch Werbebanner locken niemanden hinter dem Ofen hervor. Also: Virales Marketing – Motto: „Lassen Sie es wie einen Unfall aussehen“. Das hat auch juristische Bedeutung: nur dadurch sieht man sich später nicht gezwungen, die angepriesenen Rechner auch tatsächlich ausliefern zu müssen.

Der Köder

High-End. Der Fehler passierte nicht etwa bei einer Waschmaschine oder bei einem Staubsauger. Um junge, attraktive Käuferschichten von der Konkurrenz (#Amazon) auf die eigene Seite zu locken, muss schon ein Trend-Produkt her (neues Wort gelernt diese Woche: mit intrinsischem Wert).

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Die Wahrnehmungsschwelle

Enorm. Um bei dem heutigen Informations-Overkill überhaupt noch gehört zu werden, muss man Grenzen überschreiten. OTTO hat es in wenigen Tagen geschafft, in allen bedeutenden Print-, TV-, Hörfunk- und Online-Medien zu erscheinen. Eine vergleichbare Publicity (im redaktionellen Teil) hätte den Konzern sicherlich Millionen gekostet.

Das Risikomangement

Kalkulierbar. Wenn man für Rummel sorgen will, ohne dafür später haften zu müssen, sind gute Juristen gefragt. Ein Weltkonzern wie OTTO wird sowas haben.

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Der Prestigegewinn

Grandios! Um die kalkulierte Empörung (die man für jede gute Story braucht) in positive Publicity zu verwandeln, müssen die Kritiker mundtot gemacht werden. Dazu muss man genau soviel Geld einsetzen, dass jeder, der danach noch den Mund aufmacht, als Nörgler und Schmarotzer dasteht. Kritiker, die nach den 100 Euro und der 2%-Gewinnchance auf ein MacBook noch ihre Bestellung einfordern, werden von der eigenen Community in die Querulanten-Ecke verbannt. Am Ende gibt es nur noch einen Helden: OTTO

Die Kosten

Gering. Gutscheine und Mac-Tombola mögen sicherlich Kosten verursachen. Die Summe, die im Web kursiert (2565 Besteller x 100 € + 50 MacBooks à 1699 € VP), teile ich nicht: 100 Euro in Form eines Gutscheins für den eigenen Laden kosten den Händler weit weniger als 100 Euro in bar. Auch beim MacBook ist noch die Gewinnmarge rauszurechnen (zugegeben: bei Apple-Produkten verschwindend gering). Aber: OTTO hat auch Tausende neue Kunden gewonnen. Denn: Wer von den MacBook-Bestellern wird seinen Gutschein nicht einlösen?

OttoLockAngebot copyDer Worst Case

Verschmerzbar. Die Wiedergutmachung bezahlt der Konzern mit links (bis zu 1 Million Euro Umsatz die Stunde – allein durch Online-Handel!). Selbst wenn OTTO aufgrund des öffentlichen Drucks am Ende alle 6000 Geräte hätte ausliefern müssen: der Schaden wäre gering im Vergleich zur bundesweiten Publicity, und steuerlich auch noch absetzbar.

Die Konkurrenz

Verhält sich bedeckt. Weder Amazon noch der Bundesverband des Versandhandels (in dem OTTO natürlich auch sitzt) möchte den Fall kommentieren.

UFOFAZIT

Die Erzähl-Stimme von Tom Selleck alias Magnum würde an dieser Stelle sagen: „Ich weiß, was Sie jetzt denken“- Sie halten das alles für an den Haaren herbeigezogen. Ich ja irgendwie auch. So raffiniert ist niemand, nicht mal bei OTTO. Und dennoch: ich bin mit den X-Akten groß geworden und daher misstrauisch. Bei OTTO ist man jetzt vielleicht außer sich über diesen Blog – oder – viel beängstigender: die reiben sich die Hände!

Die Wahrheit ist irgendwo da draußen. Die Lügen auch.

Lesen Sie dazu auch: Otto-Versand: So what!

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2 Kommentare
  1. Kira schreibt:

    …geniale Story! Freue mich jedenfalls über meinen 100€-Gutschein ;)

  2. […] Lesen Sie auch: Otto Versand – Die Wahrheit… […]

Willkommen!