Der Termin steht: Am 27. Januar wird Apple wohl das sagenumwobene iSlate Tablet vorstellen. Viel wichtiger: Apple wird sein Angebot im iTunes Store um Zeitungen und Zeitschriften ausweiten. Die Tage der Gratis-Kultur im Netz sind gezählt, und wisst Ihr was? – Ich freu mich drauf!


So stell‘ ich mir das vor: der elektronische iTunes-Kiosk

Am Tag der State-of-the-Union-Rede von Barack Obama im US-Kongress (Obama wer?) wird ein anderer Heilsbringer in den USA die Bühne betreten: Steven. Paul Jobs, Computer-Pop Star, für manche gar der Messias persönlich.. Als der 54jährige vor einem Jahr überraschend ankündigte, die Geschäfte bei Apple aus Gesundheitsgründen für ein halbes Jahr ruhen zu lassen, dachten viele schon: das war’s.

Jobs war 2004 an Bauchspeicheldrüsen-Krebs erkrankt und war damals, wie er später in einer Rede vor Studenten in Stanford erklärte, dem Tod gerade nochmal von der Schippe gesprungen.

Nun ist Jobs wieder da (er hatte sich im April einer Lebertransplantation unterzogen), auferstanden von den Toten und er hat uns, soviel steht fest, etwas mitgebracht. Seit gestern sind die Einladungen an die Journalisten rausgegangen. Was durch gezielt verbreitete Gerüchte schon seit Wochen gemunkelt wurde, ist nun Gewissheit: Apple wird am Mittwoch, 27. Januar ein neues Produkt vorstellen (‚Come see our latest creation‘). Man muss schon ziemlich blind und taub gewesen sein in letzter Zeit, um nicht zu ahnen, um was es sich dabei handeln würde.

Lang lebe Photoshop: eine Collage meiner Lieblings Tablet-Mockups

Die inneren Werte

Wenn Jobs seine elektronische Schiefertafel aus dem Zylinder zieht, wird er nicht nur ein neues, todschickes Stück Hardware präsentieren. Das ist nur das Tüpfelchen auf dem iSlate. Was Apple stets besser verstanden hat, als die Konkurrenz, war das perfekte Zusammenspiel aus Hardware, Software und Content. Ohne iTunes und AppStore wären iPod und iPhone nur Metall und Plastik. Ohne die umfangreiche Musik- und App-Bibliothek im Hintergrund hätten beide Geräte ihren Zauber nur allzu schnell verloren.

Und so wird das eigentliche Phänomen nicht das Gerät selbst sein, sondern das, was es transportieren wird: Filme, Fernsehshows, Podcasts, Blogs, ach ja, und natürlich Zeitungen, Zeitschriften und Bücher! Wer schon mal das iPhone (eigentlich nur ein Prototyp des Tablets) in Händen hielt, der kann sich ausmalen, was wir von dem neuen Gerät erwarten können: großformatige Zeitungen und Magazine, die wir mittels Wisch-Bewegung durchblättern können, Foto- und Videogalerien, beliebig skalierbar durch einfaches Finger-Spreizen (siehe blogpost: iSlate – das neue Apple Tablet?).

Wenn der Bund Deutscher Zeitungsverleger wegen Google die Kartell-Behörde einschaltet, oder Springer die Öffentlich-Rechtlichen verklagen will, wegen eines Tagesschau-Apps (siehe blogpost:. Von Apps und Apparatschiks), dann zeigt das nur, wie wenig die Verleger aus den letzten Jahren gelernt haben. Die Diskussion um Paid Content hat bisweilen hysterische Züge angenommen. Dabei ist es doch nun wirklich nicht schwer zu erraten, was wir, die Leser, uns schon so lange gewünscht hatten.

Mit dieser Grafik lädt Apple die Journalisten zum 27. Januar nach San Francisco

Kindle-Überraschung: gleich 3 Wünsche auf einmal

Ein Gerät, mit dem wir einfach und schnell via UMTS oder WLAN die neuesten Zeitungen und Zeitschriften empfangen können. Ein elektronischer Kiosk, verlagsübergreifend, so dass wir uns nicht X-Usernamen und Passwörter merken müssen. Und ein Preismodell, das fair und nachvollziehbar ist (Wenn sich die Verlage schon Druck und Distribution sparen, kann man ja wohl verlangen, dass eine Zeitung auch billiger wird). Einfach, große Titel-Auswahl und günstig – das sind ja gleich 3 Wünsche auf einmal! Das geht nun wirklich nicht . …oder doch?

Wenn Zeitungsinhalte über das Apple-Gerät Geld kosten, werde ich dann in Zukunft weniger lesen? – Im Gegenteil! Sobald ich mir rund um die Uhr Zeitungstitel und Zeitschriften vom Sofa aus nach Belieben zusammenstellen und offline lesen kann, werde ich am Ende des Monats sicher mehr Geld ausgeben, als ich das bislang für mein Jahresabo der Süddeutschen Zeitung getan habe. In Apples iTunes Store Musik zu kaufen ist für mich schon fast ein sinnliches Erlebnis (ähnlich wie der Einkauf bei Amazon). An meine Kreditkarten-Abrechnung denke ich da nur selten (siehe blogpost:. Warum das Apple Tablet abräumen wird).

Ob das Apple-Gerät auch für Bücher taugt, bezweifle ich. Hier werden reine eReader wie der Kindle, der mit augenfreundlicher e-ink arbeitet, das Apple-Gerät sicherlich hinter sich lassen (siehe blogpost: Das literarische Tablett).

Da soll er mal rein, mein iSlate – wenn er denn kommt…

Das Ende der Gratis-Kultur

Anders als Jeff Jarvis und einige andere Web-Evangelisten glaube ich nicht an eine reine Gratis-Kultur im Netz. Qualität wird sich durchsetzen, auch online und auch gegen Bezahlung. Natürlich bin ich bereit, für investigative Recherchen eines Hans Leyendeckers Geld zu bezahlen. Die Kolumne von David Pogue in der New York Times ist ohnehin Pflicht. Genauso wie die meisten Titel-Geschichten im Spiegel. Dass viele fleissige und talentierte Journalisten aufgrund der Borniertheit einiger Verleger fast ihre Jobs verloren hätten, ist traurig genug.

Ich gehe jede Wette ein: die New York Times wird eine der ersten Zeitungen sein, die es für das Apple iSlate zu kaufen gibt. Und ratet mal was? Natürlich werde ich sie mir kaufen (Die New York Times war schon damals die erste App, die ich mir für mein iPhone runtergeladen habe).

Liebe Süddeutsche, lieber Spiegel, lieber Cicero. Lasst mich diesmal nicht so lang auf Euch warten. Wär‘ schade drum. Ich meine, es ist ja Euer Geld.

Update Mittwoch, 20. Januar: Was habe ich gesagt? Soeben hat die New York Times ihr Pay-Modell angekündigt. Exakt eine Woche vor dem Apple-Event. …Zufall? ;-)

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30 Kommentare
  1. […] Lediglich eine Klasse von Inhalten ist für den Konsum auf allen dieser Geräte vollkommen ungeeignet: Text. Kaum jemand kann und möchte auf seinem iPhone längere Texte lesen. Sehr selten holen Fahrgäste in den Nahverkehrsmitteln das Notebook raus und lesen darauf Ulysses, Wallander oder die mare. Und obwohl es inzwischen etliche Lesegeräte gibt wartet die Medienwelt auf Apple. […]

  2. qrios schreibt:

    Ich hätte kein Problem auch Bücher auf einem solchen Gerät zu lesen. Wenn ich eine Stunde Zeitschriften-/Zeitungsartikel darauf lesen kann, sollte es mir doch auch mit Büchern nicht schwer fallen.

Willkommen!