Das US-Unternehmen Clearview AI hat eine gigantische Gesichter-Datenbank aufgebaut. Menschen aus der ganzen Welt können mit 3 Milliarden Fotos abgeglichen und auf Knopfdruck identifiziert werden. Hunderte von Polizeibehörden sollen bereits damit arbeiten.

Während wir in Deutschland wieder mal über die Einführung einer Klarnamenpflicht für das Internet diskutieren, ist man in den USA drauf und dran, mit einem jahrzehntelang gültigen Tabu zu brechen. Eine Technologie, die so raffiniert und so mächtig ist, dass noch nicht einmal Google es bislang wagte, diese auf die Menschheit loszulassen. 

Clearwater AI, ein Start-up aus New York, rühmt sich damit, eine der größten Gesichter-Datenbanken der Welt erschaffen zu haben, größer als die Fahndungsdatenbanken von Polizeibehörden oder Geheimdiensten. Die Bilder stammen aus offen zugänglichen Fotos, etwa von Facebook oder Youtube.

Werbung von Clearview AI

Menschen seien 3 Milliarden Fotos in der Datenbank abgleichbar und – sofern gespeichert – per Knopfdruck identifizierbar, wirbt das Unternehmen. Ein verwackeltes Handyfoto oder das Bild einer Überwachungskamera genüge schon, um den Namen der darauf abgelichteten Personen zu ermitteln. 

Was wie eine dsystopische Zukunftsvision aus einem Science-Fiction-Film klingt, ist heute bereits Realität. 600 Polizeibehörden sollen die Software bereits im Einsatz haben, berichtet die New York Times. Auch private Konzerne hätten großes Interesse, Kunden weltweit identifizieren und verfolgen zu können. Die Anwendungsmöglichkeiten seien schier endlos, warnen Experten. 

Unser Recht auf informationelle Selbstbestimmung, ein in Deutschland staatlich garantiertes Grundrecht, wird damit endgültig ad absurdum geführt. Weder in Washington, noch in Brüssel, schon gar nicht in Berlin rührt sich Widerstand.

Im Gegenteil. Westliche Sicherheitspolitiker, darunter auch das Bundes -Innenministerium, wollen die Hersteller dazu zwingen, eine geheime Hintertür in Handy-Apps einzubauen, um bei Verdacht auf eine Straftat Whatsapp-Nachrichten mitlesen zu können. Die Gesichtserkennungs-Software aus den USA sollte uns eine Warnung sein. Daten wecken Begehrlichkeiten. Nur weil etwas technisch möglich ist, müssen wir uns als Gesellschaft die Frage stellen: Wie weit wollen wir gehen?

##

  • In einer früheren Version des Textes war die Rede von 3 Milliarden identifizierbaren Menschen. Tatsächlich wirbt das Unternehmen nur mit 3 Milliarden nicht näher spezifizierten Fotos in seiner Datenbank. Eine Anfrage zu mehr Informationen an das Unternehmen läuft und wurde bislang nicht beantwortet.
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Bitte unterstützen Sie mein Blog mit einer Spende.

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Notwendige Felder sind mit * markiert.

1 Kommentare
  1. Andreas Waschk schreibt:

    Ich bin mir ein wenigbunsicher, was die Zahl von 3 Milliarden Personen angeht. Im NYT-Artikel und in der Zeit ist die Rede von 3 Milliarden Fotos, die das Unternehmen aus öffentlichen Quellen wie Facebook & Co. verarbeitet hat. Aber mit diversen Doppelungen dürfte das nicht 3 Milliarden Personen entsprechen. Ich meine mich aber auch an eine Präsentation zu erinnern, in der von 3 Milliarden Personen die Rede war. Weiß man da genaueres?

Willkommen!